Verschollenes Bildnis der Katia Pringsheim von Franz von
Lenbach geht als Schenkung an das Thomas Mann House
Am kommenden Freitag, de m 18. März wird im Rahmen einer feierlichen Übergabe im Literaturhaus München ein seit 1940 verschollenes Porträt der jungen Katia Pringsheim an das Thomas Mann House in Los Angeles übergeben.
Das 1892 datierte Bildnis im Prunkrahmen zeigt Katia Pringsheim, verheir atete Mann, im Kindesalter: Ein Mädchen im Halbprofil, dunkles Haar, rote Kappe, wacher Blick, Öl auf Karton, 41,5 mal 35,5 Zentimeter. Franz von Lenbach fertigte zahlreiche Porträts im Auftrag von Hedwig und Alfred Pringsheim an. Doch dieses Bildnis wurde erst Ende 2018 identifiziert.
Es stammt aus dem Nachlass einer Münchnerin, die es ihrem in den USA lebenden Neffen Robert
Schoenhofer vererbte. Dessen Großeltern hatten das Gemälde am 7.2.1940 als „ ohne Angabe der Herkunft vom Kunsthändle r Fritz Hanold in München „aus Münchner Privatbesitz“ für 3.000 Mark erworben. Im August 2018 lieferte Schoenhofer es beim Münchner Auktionshaus Neumeister zur Auktion ein.
Der Thomas-Mann-Forscher Dirk Heißerer erkannte die Ähnlichkeit des dargestellten Mädchens mit einem Bildnis von Katia Pringsheim, das Thomas Mann von seinen Schwiegereltern geschenkt bekam und das sich heute in seinem Nachlass in der ETH Zürich befindet.
Die Geschäftsführerin des Auktionshaus Neumeister, Katrin Stoll, entschied, das G emälde aus der Auktion zu nehmen. Da der Eigentümer des Bildnisses in den USA lebt, kam zu dieser Zeit die Idee einer Schenkung an das Thomas Mann House in Pacific Palisades auf. „Bevor hierzu eine Entscheidung getroffen werden konnte, war es aber wichtig, zuerst die Provenienz des Gemäldes weitestgehend zu klären,“ sagt Stoll. „Dies war meiner Ansicht nach die Voraussetzung für jede weitere, juristisch belastbare Vorgehensweise.“
Die Eltern Katia Pringsheims, in deren Besitz sich das Bildnis vor 1940 befan d, konnten Nazi
Deutschland erst im Herbst 1939 verlassen. Zum Verkauf ihres Palais wurden sie genötigt, einen Teil ihres Besitzes ließen sie zurück, ein Großteil wurde enteignet. Ihre Kunst, darunter auch die berühmten Silber und Majolika Sammlungen, wur den beschlagnahmt und versteigert. Es ging nun darum zu prüfen, ob es sich bei dem Gemälde um NS Raubgut handelte. Denn spätestens mit dem im Jahr 2016 in Kraft getretene Kulturgutschutzgesetz, das den Umgang mit Artefakten jeglicher Art regelt, ist der Kunsthandel angehalten eine lückenlose Dokumentationskette vorzulegen.
Dr. Alfred Grimm konnte gestützt auf Forschungen von Dirk Heißerer nachweisen, dass das
„Mädchenbildnis einst im Palais Pringsheim hing. Es ist jedoch nicht auf den Listen der
beschlagn ahmten Kunstwerke zu finden. Gleichwohl entschied sich der Eigentümer das Bildnis nicht zu veräußern, sondern entschied sich zu einer Schenkung an das Thomas Mann House.
„Wir haben daraufhin den Kontakt zu den 26 Nachfahren von Hedwig und Alfred Pringsheim
aufgenommen und sie befragt, ob diese Schenkung auch in ihrem Sinne ist“, erklärt Heike Catherina Mertens, Geschäftsführerin des Vereins Villa Aurora & Thomas Mann House, in dessen Besitz das Bild nun übergehen wird. „Die meisten Familienmitglieder haben sich für die Schenkung ausgesprochen, aber es gibt auch Stimmen für den Verbleib des Bildnisses in München. Wir suchen noch nach einer Kompromisslösung. Unser Anliegen ist es, mit der öffentlichen Präsentation des Bildnisses an das Unrecht zu erinnern, das der Familie Pringsheim widerfahren ist.“
Frido Mann, der die Mann‘sche Seite der Erbengemeinschaft vertritt, erklärt: „Ich freue mich, dass das Porträt meiner Großmutter wieder an jener Stelle im Arbeitszimmer von Thomas Mann hängen wird, wo zwischen 1942 und 1952 die zweite Lenbach-Fassung dieses Kinderbildnisses hing.“
Am 18. März findet nun im Literaturhaus München die feierliche Übergabe des Gemäldes statt.