Menü

"Ein Reizendes Köpfchen"

Franz von Lenbachs Portrait der Katia Pringsheim im Thomas Mann House Los Angeles

Fast 80 Jahre lang befand sich ein Gemälde eines namenlosen Mädchens des berühmten Porträtisten Franz von Lenbach in einer Privatsammlung. Als es 2018 in einem Auktionskatalog auftauchte, wurde es als ein Porträt von Katia Pringsheim, der späteren Frau von Thomas Mann, identifiziert. Der Besitzer, Robert Schoenhofer, hat das Gemälde im Herbst 2022 dem Thomas Mann House in Pacific Palisades, dem Exilwohnsitz der Familie Mann, gestiftet. 

Auch wenn das Gemälde aus dem Jahr 1892 jahrzehntelang als namenloses „Mädchenporträt“ gehandelt wurde, zeigt es zweifellos Katia Pringsheim im Alter von sieben oder acht Jahren. Katia ist im Halbprofil mit einer roten Mütze über ihrem dunklen Haar zu sehen. Ihr Gesicht ist hell ausgeleuchtet und man wird von ihren Augen, ihrem Blick – konzentriert und aufmerksam – förmlich angezogen. Als das Gemälde 2018 an ein Auktionshaus gegeben wurde, wurde Dirk Heißerer darauf aufmerksam. Der Literaturwissenschaftler und Vorsitzende des Thomas-Mann-Forums in München erkannte, dass es sich bei dem Gemälde um Katia Mann handelte.

Thomas Mann in seinem Arbeitszimmer am San Remo Drive sitzend, ihm gegenüber der „kleine Lenbach“ an der Wand. Das Bild befindet sich heute im Thomas-Mann-Archiv der ETH Zürich. Foto: Münchner Stadtbibliothek / Monacensia EM F 123

 

Zudem schien es eine Version eines Porträts aus der gleichen Zeit zu sein, das nicht nur in Thomas Manns Arbeitszimmer in Pacific Palisades hing, sondern auch das Cover von Katia Manns 1974 erschienenen Memoiren Meine ungeschriebenen Memoiren zierte.

Lenbachs „Mädchenbildnis“ heute im Arbeitszimmer von Thomas Mann in Pacific Palisades, 2024. Foto: Clara Tang, Project Coordinator am Thomas Mann House Los Angeles

 

Franz von Lenbach hatte zahlreiche Porträts von Mitgliedern der Familie Pringsheim gemalt. Als Katias Eltern, Alfred und Hedwig Pringsheim, die beide aus prominenten jüdischen Familien stammten, Ende 1939 aus Deutschland in die Schweiz fliehen mussten, konnten sie nur sehr wenige Besitztümer mitnehmen. Der Großteil ihrer exquisiten Kunstsammlung war zu diesem Zeitpunkt bereits entweder versteigert oder beschlagnahmt worden. 1940 erwarben die Großeltern von Robert Schoenhofer Lenbachs „Mädchenbildnis“ von einem Kunsthändler. Nach umfangreicher Provenienzrecherche und Gesprächen zwischen den Pringsheim-Erben und Robert Schoenhofer wurde das Gemälde nun unter der großzügigen Schirmherrschaft der Pringsheim-Nachfahren Claudia Beck-Mann, Angelica und Domenica Borgese, Katja Geb-Mann, Anthony Mann, Frido Mann, Raju Mann Ward, Gerrit und Arie Adriaensen, Ruth Bradshaw, Judith Forster, Mike Estermann, Paul Garver, Sarah Garver, Nick Garver, Yurika Pringsheim, Hsiuping Pringsheim und Tamara Marwitz dem Thomas Mann House geschenkt. Mit der Annahme der Schenkung hat sich der Villa Aurora & Thomas Mann House e.V. verpflichtet, die Provenienzforschung fortzusetzen und dafür Sorge zu tragen, dass das Porträt und Informationen zu seiner Geschichte der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen. Der Inhalt ist vom Typ Video.
Externer Inhalt
Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden und akzeptiere alle Cookies dieser Webseite. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung und Cookie-Erklärung.