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"Der Zauberberg" – Erzählen als demokratisches Verfahren

Call for Papers für das Thomas Mann Jahrbuch 2025

Auch hundert Jahre nach seinem Erscheinen zählt Der Zauberberg (1924) weiterhin zu den meist beachteten Texten seines Autors. Die Thomas Mann-Forschung hat sich im Laufe der Jahrzehnte intensiv mit dem Zauberberg auseinandergesetzt und dabei unterschiedliche Positionen bezogen. Lange Jahre lag der Fokus auf der Frage, ob der Text entweder als Rückneigung im Sinne einer Todeszugewandtheit zu verstehen sei, oder ob es sich nicht doch um eine Hinwendung zum Leben im Kontext von Demokratie und Humanismus handele. Der Roman schien plausible Antworten für beide Orientierungen zu liefern. Er ist demgemäß auch außerhalb der literaturwissenschaftlichen Forschung entsprechend rezipiert –und zum Teil auch instrumentalisiert – worden.

Inzwischen gilt es als Konsens, dass Der Zauberberg sich gerade durch die Thematisierung von oppositionellen Positionen und Antagonismen als Text der Moderne auszeichnet. Durch seine narrativen Verfahren macht er Meinungsbildungsprozesse transparent und steht so im Kontext seiner Zeit. Der Frage, auf welche Weise der Roman mithilfe seiner literarischen Mittel ein neuartiges demokratisches Grundverständnis artikuliert, soll im Thomas Mann Jahrbuch 2025 nachgegangen werden.

Dabei sind unterschiedliche Perspektivierungen möglich. Wie zum Beispiel:

  • Inwiefern sind die Auffälligkeiten der narrativen Vermittlung („Wir“-Erzähler, scheinbare Auktorialität) hier integrierbar?
  • Bestätigt die literarische Tradition, in die sich Der Zauberberg stellt (z. B. Roman als Gattung, Romantik als Epoche, Intertextualität), den artikulierten Anspruch, ein umfassendes und anschauliches Panorama zu zeichnen?
  • Wie spiegeln die Antagonismen des Textes die Gedankenfiguren von Offenheit und Geschlossenheit?
  • Lässt sich das Postulat der für Thomas Mann charakteristischen Ironie im Kontext der dem Text unterlegten demokratischen Verfahren analysieren?
  • Vollzieht sich im Verlauf des Romans eine Änderung der Erzählerposition, und werden dadurch die Dispute der Handlungsebene (z.B. von Naphta und Settembrini) aufgegriffen und fortgeführt?
  • Wie ist der Werdegang Hans Castorps in dieser Hinsicht erzählerisch perspektiviert?
  • Sind dadurch, dass es sich um den Abgesang auf eine Epoche handelt und das Vergangene vom Standpunkt einer neuen Zeit aus betrachtet wird, strukturelle und inhaltliche Analogien zu anderen literarischen Texten Thomas Manns vorhanden (z. B. zu Buddenbrooks)?
  • Ist Der Zauberberg in seinen Aussagen in engem Bezug zum essayistischen Werk zu sehen, oder sollte die von einem Teil der Forschung favorisierte Trennung beibehalten werden? Wie verhält es sich z. B. konkret zu den parallel entstandenen Betrachtungen eines Unpolitischen, wenn diese wie Der Zauberberg als im Dienste eines offenen Meinungsbildungsprozesses stehend gelesen werden?

Bitte schicken Sie Ihre Themenvorschläge (Exposé von ca. 300 Wörtern, Informationen zu Ihrer Person) bis zum 31. Januar 2024 per E-Mail an katrin.max@uni-leipzig.de und tim.loerke@fu-berlin.de. Sie erhalten bis Ende Februar 2024 Nachricht, ob Ihr Vorschlag angenommen wurde. Abgabetermin für die Beiträge ist der 31. August 2024.